Clevere & witzige Design-Details

Ich steh drauf, wenn Details von gestalteten Dingen auch noch clever sind. Denn interessanterweise bleibt weniger das insgesamt Schöne und gut Gemachte im Gedächtnis, als es vielmehr die kleinen, cleveren Spitzfindigkeiten tun. Wenn sie denn erkannt werden.

Gott sei Dank ist es bei einem liebevollen Detail aber ohnehin so, dass das »große Ganze« auch ohne sie funktionert. Es macht nichts, wenn ein (wahrscheinlich ganz ordentlicher) Teil des Publikums die klugen Finten und Hinweise, die von Textern, Grafikern und Designern gestreut werden, gar nicht erst bemerken.

Umso spannender, unterhaltsamer und bleibender ist dafür der Eindruck, den diejenigen gewinnen, die darüber stolpern. Hier ein paar Beispiele aus verschiedenen Bereichen kreativer Arbeit in der Corporate Identity:

1. Innocent Smoothies: Flaschenböden



Flaschenpost:»Trapped in bottle factory. Send help.«

 

2. Nespresso: Naming

Ich habe ja schon einmal etwas über das Branding von Nespresso geschrieben und dort auch den Namen erwähnt – den finde ich immer noch besonders clever:

  • einerseits ist er eine Verquickung von »Nestlé« (denen gehört die Marke nämlich) und »Espresso«,
  • andererseits vereinnahmt er im Englischen gleich die ganze Getränkegattung für sich, indem er mit der Eigenart der Artikel »a« und »an« spielt:
    »I just want an Espresso«
    wird automatisch zu
    »I just want a Nespresso«
    .

Hand aufs Herz: wem wäre das aufgefallen?

 

3. Virgin Atlantic Upper Class: Salzstreuer

»Pinched from Virgin Atlantic« (»Geklaut von Virgin Atlantic«)

Die in der Form von Propeller-Flugzeugen gestalteten Salz- & Pfefferstreuer wurden wieder und wieder gestohlen, bis man sie gegen langweiligere, nicht klauenswerte ersetzen wollte. Man hat sich dann aber letztlich für einen entlarvenden Schriftzug auf der Unterseite entschieden und hindert die Upper-Class-Gäste nicht mehr am nun charmant gewordenen Diebstahl.

 

4. Sonnquest: Corporate Design


Ich bin so frei, auch ein Beispiel aus eigenem Haus zu zeigen:
Bei Sonnquest ging es darum, erneuerbare Energie darzustellen, die ja per definitionem unendlich ist. Energie mit Ende nie.

Im Logo erkennt man dann auch gleich die Unendlichkeits-Schleife. Der eine oder andere mag sich auch an Elektronen-/Ionen-Darstellungen aus dem Physik-Unterricht erinnert fühlen.

Wirklich interessant wird es aber bei der Sonnen-Assoziation (erneuerbare Energie hat direkt oder indirekt fast immer mit Sonne zu tun), die durch Form & Farbe der Logo-Bestandteile ausgelöst wird, denn: Fotografiert man über ein Jahr hinweg in regelmäßigen Abständen den Stand der Sonne, bekommt man die Grundform des Logos! Diese nennt sich dann »Analemma«.

Und hier schließt sich der Kreis, der unendliche.

 

5. Stiegl: Barcodes

Die Treppe im Logo von Stiegl kenn man ja bestens. Wer die Flasche umdreht, erkennt (vielleicht) ein witziges Detail – an sich unnötig, und daher von großer Gestaltungsliebe zeugend:

Der Barcode ist treppenförmig. Das funktioniert an der Supermarktkasse genauso, nutzt aber eine notwendige Funktionsfläche, um die Marke zu unterstützen!

 

6. Kanzlei Sykora: Corporate Design

Wie im Making of des Corporate Designs für die Steuerberatungskanzlei Sykora näher beschrieben, wurde die »Goldmeise« (Sykora ist tschechisch für Meise) zum Wappen- und Logo-Tier der Kanzlei erhoben. Sie tritt mit Brief im Schnabel auf Kuverts auf und lieferte wichtige Anstöße auch für das Briefpapier:

Die Faltmarken am linken Rand haben die Form ihres Schnabels. Wie schon bei Stiegl gilt: ein funktionell notwendiges Element wird gestalterisch aufgeladen um Marke und Corporate Identity zu stärken!

p.s.: Beim Billa ums Eck gabs leider keine der hübschen kleinen Stiegl-Flaschen (nur Grapefruit-Radler!), daher seht ihr hier Screenshots aus dem Wien-Video von MC Winkel. Dort ist mir der Barcode überhaupt erst aufgefallen 😉