Im Frühjahr und Herbst ist bei Branding Agenturen Saison für Praktikums-Bewerbungen. Im März bekommen wir ca. 10 Stück pro Woche zugeschickt. Zu viele, um sich im Arbeitsalltag mit jeder einzelnen eingehend zu beschäftigen. Trotzdem würde ich potenziellen Bewerbern (wir nehmen 1-2 lernwillige Studenten oder Designer pro Jahr auf) gerne dabei helfen, ihre Bewerbungen so zu gestalten, dass sie aussagekräftig sind. Daher möchte ich an dieser Stelle zusammenfassen, worauf es bei einer Praktikumsbewerbung wirklich ankommt.
1. Finde heraus, wem du schreibst
Bitte nenn mich nicht „Sehr geehrte Damen und Herren“. Das zeigt, dass du dich nicht allzu sehr mit den Unternehmen beschäftigst, die du anschreibst. Auf unserer Website kannst du herausfinden, wer wir sind, wie wir heißen und aussehen. Falls du dich über eine allgemeine E-Mail-Adresse oder das Kontaktformular bewerben solltest, zeigt mir eine Anrede wie „Liebes Ferrás-Team“ zumindest, dass du weißt, wie unser Unternehmen heißt.
2. Sei dir im Klaren, warum du uns schreibst
Wenn ich lese, du wärst auf unser Unternehmen gestoßen und fändest es interessant, möchte ich automatisch wissen, warum das so ist. Ich möchte erkennen, dass es keine Floskel ist, von der du dir erhoffst, deine Chancen zu steigern. Dazu musst du dich mit unseren Arbeiten oder Ansätzen beschäftigen. Das kostet Zeit und ist wahrscheinlich schwierig, wenn du mit möglichst wenig Aufwand so viele Bewerbungen wie möglich rausschicken möchtest. Sinnvoll ist es trotzdem, denn es erhöht deine Chancen bei den paar Unternehmen, die du dann letztlich wirklich anschreibst. Und erspart dir, von einem der 50 anderen genommen zu werden, von denen du nicht wirklich sagen könntest, warum du dort hin willst.
Wir wiederum investieren sehr viel Zeit in einen Praktikanten, ohne dafür aus wirtschaflicher Sicht viel zurück zu bekommen. Also erwarten wir, dass auch du ein bisschen Zeit investierst, um schon vorab zu wissen, ob wir zu dir passen würden.
3. Vergiss Zeugnisse
Ich bin auch einmal in eine Schule gegangen. Ich war auf einer Uni. Ich weiß also, wie Noten zustande kommen. Das sind simplifizierende Bewertungs-Notbehelfe, die jemand vergibt, den ich nicht kenne (und damit auch seine Bewertungskriterien und seine Qualifikation nicht), für Dinge, die ich nicht gesehen und gehört habe in einer Zeit, in der sich der Bewertete meist gerade stark verändert. „Irgendjemand, den du nicht kennst, hat vor ein paar Jahren – als ich vielleicht noch ganz anders drauf war – gesagt, ich wäre in irgendetwas, das du nicht kennst, eine 2 auf einer Skala von 1 bis 5 gewesen.“ Wirklich: vergiss Zeugnisse.
4. Schicke mir deine Arbeiten
Du bist vielleicht erst seit ein oder zwei Jahren am Gestalten und hast noch kein umfassendes Portfolio. Keine Angst, niemand erwartet das von dir. Aber du hast schon mal skizziert, fotografiert, eine Mauer besprüht, bist an einem Logo gescheitert oder hast eine Freundin gezeichnet. Der Typ, der dir die Noten gibt, die mich nicht interessieren, hat dich dazu gebracht, seitenweise in Fraktur zu schreiben. Das möchte ich sehen. Ich möchte sehen, ob du Talent hast, ob Gedanken hinter dem stecken, was du tust. Ob du im Herzen ein Gestalter bist oder eher ein Ausführer.
5. Vermittle Leidenschaft und was du lernen willst
Zeig mir, dass du fürs Gestalten brennst. Wir sind Persönlichkeiten, die gerne etwas weitergeben – aber so wie wir nicht gerne Design machen, wenn wir wissen, dass es im jeweiligen Unternehmen nichts verändern wird, so investieren wir auch nicht allzu gerne viel Zeit und Know-How in jemand, der nur seine Zeit absitzen möchte oder einfach nur „etwas mit Medien oder so“ machen möchte.
Wenn wir das Gefühl haben, du hättest eine Leidenschaft für Design, dazu noch Talent und musst zufälligerweise gerade ein Praktikum machen, werden wir dich im persönlichen Gespräch wahrscheinlich fragen, was du von uns lernen möchtest. Überleg es dir. Das macht es uns leichter und für dich sinnvoller. Unsere letzte Praktikantin, Nora, wird übrigens auch weiterhin mit uns arbeiten. Willkommen im Team, Nora!